Auf der Höhe: Der Roman ist ein gutes Buch. Die einzelnen Personen, die Amme Walpurga, die Gräfin Jrma, ihr Vetter Eberhardt, die alte Beate, die Mutter der Walpurga sind trefflich geschildert. Weniger gelungen die Personen aus der Hofsphäre, die zwar dem Dichter keineswegs unbekannt, aber doch nicht so vertraut war, daß er imstande gewesen wäre, sie vollkommen künstlerisch darzustellen. Denn der König leidet an einem gewissen hohlen Pathos, die Königin an einer wenig natürlichen Schwärmerei. Die Intrige ist durchsichtig, die Vorgänge werden geschickt erzählt. Gerade diese Mischung von Dorf- und Hofgeschichten, von Erzählungen aus der kleinen und der großen Welt, wirkt durchaus nicht zerstreuend, sondern belebt und erhöht das Interesse. Gewiss ist es ein Tendenzroman: die Erziehung der Menschen zur Entsagung. Denn die Gräfin Irma, die eine Zeit lang sich einbildete, von dem Könige zur höchsten Stellung erhoben zu werden, flieht, nachdem sie die ehrgeizigen Pläne unterdrückt hat, die eine Zeit lang ihr Hirn und ihr Herz beschäftigt hatten. Gerade das, was viele hochgebildete Menschen getadelt haben, dass Irma nicht in ein Kloster geht, sondern in der Welt ausharrt, um zu büßen und zu bereuen, erscheint wir als ein besonders großartiger Zug. Und auch der Umstand, dass die Königin in ihrem tiefen Schmerz keine geistliche Zusprache wünscht, sondern durch einen spinozistischen Arzt sich und dem Leben wiedergegeben wird, will ich keineswegs als tadelnswert gelten lassen.
Barfüßele: Amrei, Tochter eines Holzbauern und einer Tagelöhnerin, verliert als kleines Kind ihre Eltern. Sie wächst getrennt von ihrem Bruder bei einer Pflegemutter auf, arbeitet als Gänsehirtin sowie als Magd und ist im ganzen Dorf als Barfüßele bekannt. Im Vordergrund steht die innere Entwicklung Amreis zu einer selbstbewussten und eigenständigen Persönlichkeit.